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Straftatbestand § 184b StGB - 10 Monate nach der Durchsuchung und der Beschlagnahme teilt die Staatsanwaltschaft Kleve im April 2022 mit, dass das Ermittlungsverfahren nach § 170 II StPO mangels Tatverdachts eingestellt wurde und der – ehemals – Beschuldigte die Asservate ( ein iPhone und ein MacBook) abholen kann.
Rechtsanwalt zu Ermittlungsverfahren wegen Besitz und Verbreitung von Kinderpornografie (§ 184b StGB): Die Zunahme der Verfahren hat auch damit zu tun, dass der Straftatbestand des § 184b StGB seit dem 01.07. 2021 erheblich verschärft worden war. Der Besitz und die Verbreitung kinderpornographischer Dateien ist seitdem in Deutschland zum Verbrechen hochgestuft worden mit mindesten einem Jahr Freiheitsstrafe. Außer der massiven Strafschärfung wurde eine erhöhte Aufklärungsquote angesagt, die zum erheblichen Teil auf Meldungen der amerikanischen NCMEC (National Center For Missing & Exploited Children) basiert, die in Deutschland zu Durchsuchungen und Beschlagnahmen führen. Die Mindesstrafen sind zwar inzwischen in 2024 wieder abgesenkt worden, aber die Intensität der Ermittlungen dauert an. Und fast ausnahmslos wenn bei Durchsuchungen inkriminierte Dateien gefunden werden, erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage.
Dabei werden auch Dateien beschlagnahmt mit Familienfotos, die die Kinder am Strand oder im Hochsommer am Pool zeigen und die zwischen Verwandten als Urlaubsgrüße verschickt wurden. Und der Betroffene wird sofort mit einem Strafverfahren und Nebenfolgen konfrontiert. Neuerdings zunehmend sehen wir in der Praxis solche Verfahren wegen privater Bilddateien ohne pornografische Intention. Heute kennen Staatsanwälte kaum noch Augenmaß, wenn der Besitz oder die Verbreitung von Kinderpornografie i.S.d. § 184b StGB von der amerikanischen NCMEC signalisiert wird. Da ist Strafverteidigung gefordert.
Der Straftatbestand § 184b StGB (Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Inhalte) setzt aber immer noch voraus, dass tatsächlich ein „kinderpornographischer Inhalt“ festgestellt werden kann. Das Merkmal „pornographisch“ ist notwendige Voraussetzung der Strafbarkeit nach § 184b StGB. Insbesondere muss die Darstellung ausschließlich oder überwiegend auf die Erregung eines sexuellen Reizes zielen. Es kann nicht darauf ankommen, dass eine erkennbar zu anderen Zwecken hergestellte Darstellung auch aus sexuellen Motiven genutzt werden könnte. Mit einem einzigen Kriterium wie z.B. „Detailaufnahme eines Geschlechtsorgans“ kann das Vorliegen von Pornographie nicht zuverlässig festgestellt werden. Es bedarf außer der Zielrichtung „Erregung eines sexuellen Reizes“ einer groben Missachtung gesellschaftlicher Wertmaßstäbe, die so eindeutig ist, dass über die Einordnung als pornographisch nicht vernünftig gestritten werden kann.
Zwei wesentliche Merkmale des „kinderpornographischen Inhalts“ sind 1. das Abzielen ausschließlich oder überwiegend auf die Erregung eines sexuellen Reizes beim Betrachter und 2. die Überschreitung der allgemeinen gesellschaftlichen Wertvorstellungen des sexuellen Anstands.
Viele noch anhängige Ermittlungsverfahren müssen eigentlich eingestellt werden, weil die aufgefundenen Dateien diese Kriterien nicht erfüllen. Die drastischen Nebenfolgen, die schon vor jeder Schuldfeststellung ein Ermittlungsverfahren wegen des Straftatbestandes des § 184b StGB haben kann, sind u.U. die Kündigung des Arbeitsverhältnisses und in bestimmten Berufsgruppen die sofortige Suspendierung. Angesichts dessen wäre es angezeigt, den oft fadenscheinigen Vorwurf sofort auf seine Haltbarkeit zu überprüfen und nicht Monate langen Ermittlungen auszusetzen.
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Rechtsanwälte Dr. Martin Rademacher & Lars Horst, LL. M. in Düsseldorf