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Mit der Einstellung mangels Tatverdachts (§ 170 II StPO) endete ein Ermittlungsverfahren gegen unseren Mandanten, bei dem nur gelöschte kinderpornografische Dateien auf seinem Rechner gefunden worden waren. Die Einstellung war keine Selbstverständlichkeit, denn gerade bei gelöschten Dateiewn ist juristisch vieles umstritten.
Kinderpornographisch ist nach der Legaldefinition des § 184b I Nr. 1 StGB ein Bild oder eine sonstige Datei mit pornographischem Inhalt, die sexuelle Handlungen von, an oder vor einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) zum Gegenstand hat oder die Wiedergabe eines ganz oder teilweise unbekleideten Kindes in aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung zeigt oder die sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes eines Kindes.
Es geht bei der Strafbarkeit in erster Linie um einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt. Aber der Strafbarkeit unterfällt auch ein kinderpornographischer Inhalt, der kein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt.
Bei Zeichnungen, Zeichentrickfilmen und Comics, bei denen erkennbar nur ein fiktives Geschehen abgebildet ist, kommt eine gegenüber dem sonstigen Straftatbestand reduzierte Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren in Betracht (§ 1845 I S. 2 StGB).
In Ermittlungsverfahren wegen Kinderpornographie werden regelmäßig alle Datenträger ausgewertet, die bei dem Beschuldigten gefunden und beschlagnahmt werden können. Das Ergebnis einer solchen Auswertung kann sein, dass auf einem sichergestellten Rechner Bilddateien mit kinderpornografischem Inhalt vorgefunden werden, die aber alle gelöscht sind oder – und das kann einen erheblichen Unterschied ausmachen – sich alle im „Papierkorb“ des Anwenders befinden.
Dabei muss man allerdings wissen, dass gelöschte Bilder von einem versierten Anwender ohne großen Aufwand wieder hergestellt werden können, dazu gibt es im Internet entsprechende Programme, zum Teil sogar als Freeware. Die nur in den Papierkorb verschobenen Bilder können sogar vom Anwender durch einfache Anwahl wiederhergestellt werden.
Der Fall ist in der Praxis auch eher selten, dass alle Bilddateien mit kinderpornografischem Inhalt gelöscht sind oder sich alle im „Papierkorb“ des Anwenders befinden. Bei vielen Ermittlungsverfahren gegen Personen, die wegen des Straftatbestandes des § 184 b StGB beschuldigt werden, sprechen wir von Tausenden oder zumindest Hunderten von kinderpornographischen Bilddateien, die überwiegend nicht gelöscht sind, sondern oft auch in eigens dafür angelegten Ordnern verwaltet werden. Aber es gibt eben auch die Ermittlungsverfahren, in denen alle oder größtenteils alle kinderpornographischen Bilddateien gelöscht sind oder sich im „Papierkorb“ befinden. Und es kommt auch vor, dass das kriminaltechnische Gutachten feststellt, dass die Löschung jeweils umgehend am gleichen Tag erfolgt ist, teilweise innerhalb von Sekunden nach der Erstellung der Bilddatei.
Dass es äußerst problematisch ist, aufgrund des Auffindens von umgehend gelöschten Daten von der Tathandlung des „Sich-Verschaffens“ oder von einem Besitz auszugehen, hat auch die Rechtsprechung erkannt. Das „Sich-Verschaffen“ setzt eine zielgerichtete Handlung voraus und der Besitz muss von einem Besitzwillen getragen sein. Weder das eine noch das andere kann man eigentlich demjenigen unterstellen, der zugeflogene Bilder nicht behalten will und sofort löscht.
Eigentlich erfüllt nicht das Aufrufen pornografischer Dateien im Internet und ihr bloßes Betrachten am Bildschirm, sondern erst das Abspeichern auf eigene Datenträger den Tatbestand des § 184 b Abs. 4 StGB, sollte man denken. Aber Vorsicht: Beispielsweise das OLG Hamburg (Urteil vom 15. 2. 2010 - 2-27/09) denkt da noch ganz anders: Danach ist zur objektiven und subjektiven Tatbestandserfüllung kein Plan erforderlich, die Datei manuell abzuspeichern, oder ein Wissen um die automatische Abspeicherung der Datei im so genannten Internet-Cache. Schon wer vorsätzlich Seiten mit kinderpornografischem Inhalt aufruft und auf dem Bildschirm seines Computers betrachtet, soll es unternehmen, sich den Besitz von Kinderpornografie zu verschaffen. Die Auffassung des das OLG Hamburg steht nicht alleine. Aber wann genau bei Aufruf einer Datei zwecks Betrachtung auf dem Computerbildschirm der strafbare „Besitz“ einsetzen soll, ist in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten. Jedenfalls wenn Wissen und Wollen des Beschuldigten die mit dem Aufruf verbundene automatische Abspeicherung im Internet-Cache umfassen, wird von der inzwischen h.M. ein strafbares „Unternehmen der Besitzbeschaffung“ bejaht (vgl. BGH NStZ 2007, 95). Wenn dieser „Speicherungsvorsatz“ – bezogen auf die automatische Abspeicherung im Internet-Cache - nicht festgestellt werden kann, sieht es für den Beschuldigten tendeziell besser aus.
Der BGH (2 StR 311/17 - Urteil vom 28. März 2018) hat die Diskussion mit einer jüngeren Entscheidung wieder in ein ruhigeres Fahrwasser gebracht und den Besitz kinderpornographischer Schriften auf das „Aufrechterhalten des tatsächlichen Herrschaftsverhältnisses aufgrund Besitzwillens“ zurückgeführt. Der BGH (2 StR 311/17 - Urteil vom 28. März 2018) kommt auf der soliden Basis zu dem Fazit: „Dementsprechend entfällt der Besitz bei vollständig gelöschten Dateien“. Und der BGH ergänzt: „Ein Fortbestehen von Dateien an Speicherorten, die dem durchschnittlichen Computerbesitzer nicht mehr ohne Weiteres zugänglich sind, begründet keinen Besitz im Sinne der Vorschrift“. Außerdem könne auch ein fortbestehender Besitzwille an den gelöschten Dateien nicht mehr ohne weiteres unterstellt werden.
Aus den kontroversen Gerichtsentscheidungen und der ebenso kontroversen juristischen Diskussion kann man aber mitnehmen, dass der Anwender bei jeglichem Kontakt mit kinderpornographischen Dateien extrem vorsichtig sein muss. Nur ex post kann man sich im Ermittlungsverfahren auf die Argumentation des BGH stützen, dass der Besitz bei vollständig gelöschten Dateien nicht vorlag.
Sichergestellte Datenträger werden ausgewertet und das kann dauern. Die Auswertung soll Feststellungen zum Besitz von Kinder- und Jugendpornographie treffen. Wenn verdächtige Bilder oder daten gefunden werden, ist die Einschätzung als Kinder- oder Jugendpornographie zunächst keine verbindliche Klassifizierung, sondern gibt nur Anhaltspunkte für die weitere Ermittlung, die sonst oft abgeschlossen wird, wenn nichts Verdächtiges gefunden wird.
Die Bearbeitungszeit für die Auswertung wird am Anfang nur geschätzt, eine verlässliche Aussage bezüglich der weiteren Bearbeitungsdauer ist meistens aufgrund des hohen Bearbeitungsrückstandes und den immer wieder hinzukommenden Eilverfahren bei den Ermittlungsbehörden noch gar nicht möglich.
Für die Auswertung von Mobilgeräten, Clouds und Computern werden leistungsstarke Analysetools zur automatischen Bearbeitung eingesetzt, die auch gelöschte Daten und ihre Historie wieder herstellen und analysieren. Dabei kommen Standardanwendungen wie „X-Ways Forensics“ und „Magnet Axiom“ für das durchsuchen und analysieren großer Datenmengen und die Darstellung von Browser und Chat-Verläufen zum Einsatz.
Taten nach § 184b Abs. 1 StGB verjähren in fünf Jahren (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 „Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als einem Jahr bis zu fünf Jahren bedroht sind“).
Die fünfjährige Verjährungsfrist gilt also unter anderem für das Verbreiten und das der Öffentlichkeit Zugänglichmachen der Schrift, das Unternehmen der Besitzverschaffung für eine andere Person, das Herstellen und gewisse Vorbereitungshandlungen (teilweise auf kinderpornografische Schriften beschränkt, die ein tatsächliches bzw. wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben) (vgl. § 184b Abs. 1 StGB).
Gewerbsmäßige oder in der Bande begangene Taten nach § 184b Abs. 2 StGB verjähren in zehn Jahren (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 „zehn Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als fünf Jahren bis zu zehn Jahren bedroht sind“), wenn „die Schrift ... ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wieder(gibt)“.
Die Verjährung beginnt aber erst, sobald die Tat beendet ist (§ 78a StGB). Es kommt nicht auf den Zeitpunkt der Tatvollendung an, an dem z.B. „Besitz an einer kinderpornographischen Schrift“ begründet worden ist, sondern auf den Zeitpunkt, in dem die auf Tatbegehung gerichtete Tätigkeit ihren endgültigen Abschluss gefunden hat, in dem der Besitz aufgegeben wird. Die Verjährung beginnt beim vollendeten Besitzdelikt mit der Beendigung des Besitzes.
Wurden bei einer Wohnungsdurchsuchung Datenträger mit Kinderpornographie gefunden, dann spricht der erste Anschein dafür, dass der Besitz dieser Dateien bis zum Tag der Durchsuchung bestand und dass die Verjährung erst ab diesem Tag läuft. Weil das Merkmal „Besitzen“ vonKinderpornographie aber die tatsächliche Sachherrschaft und den Besitzwillen zum Zeitpunkt der Tat voraussetzt, können im Einzelfall die längst vergessenen kinderpornographische Dateien auf „alten“ ausrangierten Datenträgern unter die Verjährungsregelung fallen, wenn die forensische Auswertung der Datenträger bestätigt, dass die Erstellung der Datei auf dem Datenträger und der letzte Aufruf in rechtsverjährte Zeit fallen.
Steht die Tatzeit nicht sicher fest oder bleibt offen, zu welchem Zeitpunkt die Tat beendet war, so greift zugunsten des Beschuldigten der Grundsatz in dubio pro reo ein (BGH 18 274).
Die Verjährung kann aber auch durch bestimmte Handlungen von den Strafverfolgungsbehörden unterbrochen werden (§ 78c StGB). Die Wirkung der Unterbrechung besteht darin, dass mit dem Tag der Unterbrechungshandlung eine neue Verjährung beginnt. Die Verjährung kann wiederholt unterbrochen werden, darf aber regelmäßig maximal des Doppelte der normalen Verjährungsfrist betragen (§ 78c Abs. 3 StGB). Unterbrechungshandlungen sind u.a. die erste Beschuldigtenvernehmung oder ihre Anordnung, die Mitteilung über die Einleitung des Ermittlungsverfahrens, jede richterliche Beschuldigtenvernehmung oder deren Anordnung und jede richterliche Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnung (wegen des vollständigen zwölfteiligen Kataloges der vom Gesetz anerkannten Unterbrechungshandlungen vgl. § 78a Abs. 1 StGB).
Die Verjährung schließt die Ahndung der Tat und die Anordnung von Maßnahmen aus (§ 78a Abs. 1 S. 1 StGB).
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Rechtsanwälte Dr. Martin Rademacher & Lars Horst, LL. M. in Düsseldorf