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In nahezu allen Verdachtsfällen nach § 184b StGB (Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Inhalte) führen die Ermittlungsbehörden Wohnungsdurchsuchungen durch. Genauer gesagt: Durchsuchungen der Wohnung und anderer Räume sowie der Person des Tatverdächtigen und der ihm gehörenden Sachen. Die gesetzlichen Voraussetzungen ergeben sich aus §§ 102 ff. StPO.
Bei Internetstraftaten soll dabei auch die Zuordnung des vorgefundenen Computers zum jeweiligen Nutzer ermittelt werden. Die Zuordnung des Computers kann in der Regel nur durch Aussagen der Betroffenen vor Ort festgestellt werden, nämlich des Beschuldigten, seiner Familienangehörigen oder Mitbewohner. Es geht um die Zuordnung der im Haushalt vorhandenen Computer und wer diese in welchem Umfang tatsächlich benutzt. Eine Zuordnung durch andere Beweismittel ist ganz schwierig und jedenfalls für die Ermittlungsbeamten sehr aufwendig. Ermittlungsbeamte hören deshalb sehr gut zu, was der von der Wohnungsdurchsuchung überraschte Betroffene hierzu äußert.
Streng genommen müssen die Beamten einen Verdächtigen oder potentiellen Zeugen vor dessen Befragung belehren, dass er sich oder Angehörige nicht zu belasten braucht. Und die Gerichte nehmen das streng.
Um eine strafprozessuale Verwertbarkeit solcher Äußerungen vor Ort zu ermöglichen, muss auf die Notwendigkeit einer ordnungsgemäßen Belehrung geachtet werden und man kann manchmal den Eindruck gewinnen, dass der Umfang der ordnungsgemäßen Belehrung im Polizeialltag nicht immer ganz angekommen ist. Dem Beschuldigten ist der Tatvorwurf zu eröffnen (Tat und Strafvorschrift) und er ist außer auf die Möglichkeit der Verteidigerkonsultation darauf hinzuweisen, dass es ihm nach dem Gesetz freisteht, sich zu den Beschuldigungen zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen.
Der fehlende Hinweis auf das Schweigerecht und die Möglichkeit der Verteidigerkonsultation führen zu einem Verwertungsverbot, außer wenn der Beschuldigte seine Rechte nachweislich kannte. Im Fall der späteren Anklageerhebung muss der spätere Angeklagte der Verwertung seiner Vernehmung aber in der gerichtlichen Hauptverhandlung ausdrücklich widersprechen.
Eine Spontanäußerung ist eine Äußerung des Verdächtigen von sich aus bereits vor der Belehrung durch die Ermittler, also bevor die Ermittlungsbeamten mit einer Befragung begonnen haben. Eine solche Spontanäußerung ist keine „Aussage“ im Verfahren und als Beweis im Verfahren verwertbar. Die Ermittler müssen solche Äußerungen nicht ignorieren. Deshalb sollte man auf Spontanäußerungen unbedingt verzichten, zumal man ja nicht weiß, wie sie aufgefasst werden.
Es ist nicht immer die Wohnungsdurchsuchung. In einem meiner Fälle hat die Bundespolizei am Flughafen bei der Einreise ein Laptop beschlagnahmt, nachdem der Verdächtige bei der Wohnungsdurchsuchung nicht angetroffen wurde und Nachbarn sagten, er wäre in Urlaub. Bei der Auswertung wurden darauf kinderpornografische Dateien festgestellt. Lehrreich ist, dass beim Scannen mit forensischer Software kinderpornografische Dateien gefunden wurden, obwohl eigentlich alle Dateien auf dem Laptop gelöscht waren. Die Polizei wusste aufgrund der vorangegangenen Wohnungsdurchsuchung genau, mit welchem Flug der Tatverdächtige aus dem Urlaub zurückkehren würde.
Meistens sind solche Funde von kinderpornografische Dateienin auf Laptops, Mobiltelefonen und sonstigen Speichermedien direkt das Ergebnis von Wohnungsdurchsuchungen und manchmal auch von Durchsuchungen am Arbeitsplatz.
Ermittlungsverfahren wegen des Besitzes und / oder der Verbreitung von Kinderpornografie (§ 184b StGB) verlaufen meistens nach dem gleichen Schema. Ganz häufig erfährt der Beschuldigte von den Ermittlungen, wenn Polizeibeamte unangemeldet vor seiner Wohnungstüre stehen und einen Durchsuchungsbeschluss präsentieren. Bei der anschließenden Wohnungsdurchsuchung nehmen sie alle Mobiltelefone, Computer und sonstigen Datenspeicher in Beschlag. Die bei der Durchsuchung beschlagnahmten Datenträger werden meist von externen Spezialisten mit forensischer Software ausgewertet, die einen "Auswertebericht" erzeugen, der Bestandteil der staatsanwaltlichen Ermittlungsakte wird.
Bei der Auswertung gefundene kinder- oder jugendpornografische Dateien werden in standardisierten Auswerteberichten regelmäßig grob eingeteilt in Posingbilder, virtuell erstellte, comicartige Bilder und auch Bilder und Videos, die den realen sexuellen Missbrauch von Kindern und Kleinkindern zeigen.
Festgestellt wird, wann eine kinder- oder jugendpornografische Datei auf dem ausgewerteten Datenträger erzeugt wurde und wann es den letzten Zugriff auf die Datei gab, was für Verjährungsfragen bedeutsam sein kann und generell zur Festlegung des Tatzeitraums. So wie es auch oft vorkommt, dass Sachverständigengutachten den Strafprozess entscheiden, sind die Auswerteberichte jedenfalls für die Staatsanwaltschaften die Basis für die Anklageerhebung.
Nach meiner Erfahrung stellt sich nach einer Auswertung der Datenträger nur relativ selten die Frage, ob die aufgefundenen Bild- oder Videodateien tatsächlich „Kinderpornografie“ i.S.d. § 184 b StGB sind, weil die Befunde – positiv oder negativ - eindeutig sind. Aber es kommt auch vor, dass man über die Einordnung der Bilder, insbesondere das Alter der abgebildeten Personen und die Qualität Kinderpornografie streiten kann. Diese Einordnung der Bild- oder Videodateien ist für das Ergebnis des Verfahrens entscheidend, wenn man bei allen oder jedenfalls den meisten gefundenen Bilddateien die Qualifizierung der Bilder als Kinderpornografie in Frage stellen kann (für Jugendpornographie gilt entsprechendes). Der Streit führt zu (fast) nichts, wenn man nur an der Peripherie über die Einordnung von ein paar Bildern diskutiert, während die große Menge eindeutig kinderpornografische Bild- und Videodateien sind. Wichtig für das Ergebnis eines Strafverfahrens bleibt aber ggfs. die graduelle Einordnung der Bilder, die von niederschwelligen Abbildungen bis hin zu ganz harter Kinderpornografie mit Penetration und Gewaltdarstellungen reichen kann.
Immer noch in relativ wenigen Fällen ergeben sich Hinweise auf eine Nutzung des "Darknets" zur Verschleierung der Tatbegehung. Wenn sich bei der Auswerung der bei dem Beschuldigten besclagnahmten Datenspeicher konkrete Anhaltspunkte für einen aktuellen Missbrauch durch den Beschuldigten ergeben, führt das zur Ausweitung des Ermittlungsaverfahrens und Intensivierung der Ermittlungen in Umfeld des Beschuldigten .
Wenn die Auswertung der beschlagnahmten Datenträger mittels einer spezifischen Software eindeutige Befunde ergibt, nämlich kinder- oder jugendpornografische Bild- und / oder Videodateien feststellen kann, ist im Nachhinein zu klären, ob diese unbedingt dem Beschuldigten zugerechnet werden müssen.
Besitz setzt „Besitzwillen“ voraus, weshalb nicht strafbar ist, wer faktisch zwar kinderpornografische Dateien auf seinem Computer oder sonstigen Datenträgern hat, davon aber gar nichts weiß. In diesem Zusammenhang sind auch die „Tatzeiten“ zu klären sind, oder ob Vorbesitzer der Datenträger, Mitbewohner oder sonst Dritte dafür verantwortlich sein können.
Wenn allerdings auch die Zurechnung eindeutig ist, ergeben sich Fragen der Strafmaßverteidigung, insbesondere Fragen nach Ansätzen zur Schadenswiedergutmachung und zur Aufnahme einer Therapie.
Besondere Fragestellungen ergeben sich bei der Tatvariante des „Verbreitens“, wobei die Betroffenen oftmals gar nicht wissen, dass sie tatsächlich Bild- oder Videodateien auch verbreitet haben; dann haben sie nicht vorsätzlich gehandelt. Verbreiten bedeutet, eine Datei an einen größeren Personenkreis gelangen zu lassen. Der Täter muss aber zumindest mit bedingtem Vorsatz handeln, der sich auf die Tathandlung erstreckt, was beim Herunterladen von Dateien aus einer Internettauschbörse, die die heruntergeladenen Dateien zugleich wieder anderen Nutzern der Tauschbörse zur Verfügung stellt, nicht selbstverständlich gegeben ist. Das OLG Oldenburg (Az. 1 Ss 46/09) hat schon vor zehn Jahren entschieden, dass allein aus der Teilnahme an einer Tauschbörse nicht automatisch geschlossen werden kann, dass der jeweilige User wußte, dass er die heruntergeladenen Dateien auch gleichzeitig verbreitete.
kein Vorsatz bzgl. Verbreitens von kinderpornografie - eine Schutzbehauptung?
Viele wissen tatsächlich nicht, dass mit dem Download in Tauschbörsen regelmäßig auch die gleichzeitige Zurverfügungstellung von Dateien an eine unbekannte Anzahl anderer Nutzer verbunden ist. Sie wollten definitiv nicht Kinderpornographie verbreiten. Die Staatsanwaltschaft schleudert ihnen dann gerne die Disqualifikation als „reine Schutzbehauptung“ entgegen. Die besseren Staatsanwaltschaften lassen die Beschuldigten für zukünftige Fälle eine Belehrung unterschreiben, um dann den Vorsatz nachweisen zu können. – Die Frage des Vorsatzes beim Vorwurf des Verbreitens von Kinderpornographie muss im Verfahren eindeutig angesprochen werden, will der Beschuldigte nicht riskieren, mit der Kurzformel „reine Schutzbehauptung“ abgefertigt zu werden.
Für manche Beschuldigte, deren Beruf nämlich den Umgang mit Kindern erfordert, besteht auch das Risiko beruflicher Auswirkungen eines Ermittlungs- und Gerichtsverfahrens wegen Kinderpornografie. Über die möglichen beruflichen Auswirkungen eines solchen Verfahrens muss man nicht spekulieren, nachdem die Rechtsprechung dazu inzwischen eine umfangreiche Fallsammlung zur Verfügung gestellt hat, die insbesondere auch die Ausnahmen von der Beendigung des Dienstverhältnisses aufzeigt. Arbeits- oder disziplinarrechtliche Maßnahmen orientieren sich in der Praxis weitgehend am Ergebnis der parallelen Strafverfahren in derselben Sache, weshalb zunächst die Strafverteidigung im Vordergrund steht, um die im Ergebnis mindestens genauso schwerwiegenden beruflichen Konsequenzen zu minimieren.
Bei Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen des Besitzes oder der Verbreitung von Kinder- und/oder Jugendpornografie muss der Beschuldigte auch damit rechnen, dass die Polizei seine erkennungsdienstliche Behandlung anordnet. Die gesetzliche Grundlage zur Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung knüpft an den „Beschuldigtenstatus“ an. Wenn die Voraussetzungen des § 81 b Alt. 2 StPO vorliegen, dürfen Lichtbilder und Fingerabdrücke eines Beschuldigten auch gegen seinen Willen aufgenommen werden. Unter Umständen dürfen auch sonstige Messungen (Körpergröße, Gewicht, Haarfarbe, Haarbeschaffenheit etc.) und ähnliche Maßnahmen an ihm vorgenommen werden, aber alles nur, soweit es für die Zwecke des Erkennungsdiensts notwendig ist. Eine auf § 81 b Alt. 2 StPO gestützte Anordnung kann möglicherweise auch noch dann ausgeführt werden, wenn der Betroffene – z.B. nach der inzwischen erfolgten Einstellung des Ermittlungsverfahrens – seine Beschuldigteneigenschaft schon wieder verloren hat (BVerwG, NJW 2018, 3194).
Die Rechtmäßigkeit einer erkennungsdienstlichen Maßnahme nach § 81 b StPO setzt aber ihre „Notwendigkeit“ voraus und die Praxis zeigt, dass eine erkennungsdienstliche Behandlung zu Zwecken der Strafverfolgungsvorsorge manchmal auch dann angeordnet wird, wenn sie nach dem Ergebnis des Anlassstrafverfahrens bereits dem Grunde nach nicht gerechtfertigt ist. Vor Gericht geht es dann um die Fragen, ob der im Ermittlungsverfahren festgestellte Sachverhalt nach kriminalistischer Erfahrung wirklich Anhaltspunkte für die Annahme bietet, dass der Betroffene künftig mit guten Gründen als Verdächtiger erfasst werden könnte und ob die erkennungsdienstlichen Unterlagen überhaupt die dann zu führenden Ermittlungen fördern könnten. Darüber hinaus kann fraglich sein, ob der angeordnete Umfang der erkennungsdienstlichen Behandlung wirklich notwendig ist. Besteht die Anlasstat im Besitz kinder- und jugendpornografischer Dateien und lässt sich der Sachverhalt als reines „Onlinedelikt“ einordnen, sind in der Regel nur Finger- und Handflächenabdrücke für Ermittlungen geeignet, weil sie u.U. den Nachweis ermöglichen, welche Person eine bestimmte Tastatur benutzt hat.
Viele Verwaltungsgerichte sind allerdings der Auffassung, dass Sexualdelikte regelmäßig von einer besonderen Veranlagung oder Neigung des Täters geprägt sind, weswegen bereits bei der einmaligen Begehung die Gefahr der Wiederholung gegeben sein kann (vgl. z.B. OVG Bautzen, Urt. v. 19.4.2018 – 3 A 215/17). Insbesondere wenn die Auswertung der beim Beschuldigten beschlagnahmten Datenträger erhebliche Befunde bringt, bestätigen die Verwaltungsgerichte regelmäßig die von der Polizei bei ihrer Anordnung zugrunde gelegte Gefahr der Begehung einer erneuten Straftat nach §§ 184 b, 184 c StGB.
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Rechtsanwälte Dr. Martin Rademacher & Lars Horst, LL. M. in Düsseldorf