Gefährliche Vorschaubilder

keine Strafbarkeit ohne "Besitzwillen"

Nach Wohnungsdurchsuchungen werden alle beschlagnahmten Datenträger von den Ermittlungsbehörden ausgewertet, um zu sehen, ob der Beschuldigte auf den Datenträgern kinderpornographische Inhalte abgespeichert hat. Bereits gelöschte Inhalte werden zu diesem Zweck auch wiederhergestellt.

Außerdem wird festgestellt, wann die Dateien jeweils auf den Datenträger gelangt sind. Damit wird auch der Tatzeitraum bestimmt, der dann grundsätzlich vom Herunterladen bis zum Tag der Wohnungsdurchsuchung andauert, weil an diesem Tag die "inkriminierten" Inhalte noch auf dem Datenträger des Beschuldigten gefunden wurden.

Rechtsanwalt zu Besitzwille bei kinderpornographischen Dateien

Wenn bei der Auswertung etwas gefunden wird, gehen die Ermittlungsbehörden erst einmal davon aus, dass der Beschuldigte in dem festgestellten Zeitraum Besitz an kinderpornographischen Bild- oder Video- Dateien hatte, weil er sie besitzen wollte.

Es ist Sache der Strafverteidigung aufzuzeigen, dass diese Annahme der Ermittler im konkreten Fall nicht richtig ist. Denn der strafbare Besitz kinderpornographischer Dateien setzt voraus, dass der Beschuldigte überhaupt einen Besitzwillen hatte. D.h. in erster Linie, dass er überhaupt wusste, dass diese inkriminierten Dateien auf seinen Datenträgern abgespeichert sind und deshalb in seinem Besitz waren und er nach Belieben darauf zugreifen konnte. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Wenn nicht die Auslesung des Suchverlaufs sofort zu anderen Ergebnissen führt, die den Besitzwillen an solchen Dateien regelrecht unter Beweis stellen, kann es viele Anhaltspunkte dafür geben, dass solche Dateien zwar in dem Speicher waren aber der für die Strafbarkeit als subjektive Voraussetzung erforderliche Besitzwille im konkreten Fall fehlte.

Gelöschte Bilder bei § 184b StGB

Das fängt mit Bilddateien an, die der Beschuldigte zum Beispiel längst gelöscht hatte und an die er sich am Tag der Wohnungsdurchsuchung und Beschlagnahme und auch schon davor gar nicht erinnern konnte, wenn er sie überhaupt jemals gesehen hatte. Die frühere Löschung eines oder mehrerer Bilder kann jedenfalls ein erhebliches Indiz für den fehlenden Besitzwillen des Beschuldigten sein. Dabei kommt es allerdings drauf an, wie die Bilddateien gelöscht wurden und ob der Beschuldigte auf die gelöschten Dateien auch jetzt noch tatsächlich jederzeit wieder zugreifen konnte oder nicht (Stichwort: nur Verschieben eines Bildes in den immer noch erreichbaren Papierkorb).

Rechtsanwalt zum Anteil am Pornographie-"Vorrat"

Nicht selten wird bei der Auswertung sehr viel legale Pornographie gefunden und dazwischen nur ein mehr oder weniger geringer Anteil Kinderpornographie, den der Benutzer sich nur als unbeabsichtigten „Beifang“ heruntergeladen hatte, ohne das überhaupt zu merken. Auch das kann gegen den Besitzwillen des Beschuldigten sprechen. Dann kann das Zahlenverhältnis von legaler zu illegaler Pornographie bei der Einschätzung eine Rolle bei der Beurteilung spielen. Auch eine Rolle können die Grundeinstellungen der Geräte spielen, die je nach dem auch ohne unmittelbares Zutun des Nutzers unwissentlich Daten von einem Gerät auf das andere übertragen.

Vorschaubilder, sog. „Thumbnails“

Der Besitzwille kann auch zweifelhaft sein, wenn ausschließlich sogenannte „Thumb-Nails“ also Vorschaubilder gefunden werden, die für den Benutzer gar nicht zwangsläufig sichtbar waren.

"Thumbnail" (zu deutsch „Daumennagel“) bezeichnet im Internet ein Vorschaubild bzw. ein Miniaturbild, das nur der Vorschau eines größeren Bildes dient. Solche Thumbnails werden je nach Betriebssystem des Computers automatisch generiert und können dem Nutzer ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren einbringen, wenn es dabei um kinderpornografische (§ 184b StGB) Bilddateien geht.

Das OLG Düsseldorf (Beschl.v. 26.5.2015 - III-2 RVs 36/15) hat allerdings zu Recht darauf hingewiesen, dass nicht ohne weiteres der Schluss gezogen werden kann, dass dem Angeklagten der Besitz der Vorschaubilder bewusst war, dann fehlt der für die Strafbarkeit erforderliche Besitzwille.

Kein Vorsatz bei Thumbnails

Die Vorschaubilder im Cache sind oft nur eine Art „Beifang“. Man sieht öfter, dass jemand im fraglichen Zeitraum relativ wahllos pornografisches Material im Internet betrachtet hat und auf pornografischen Seiten gesurft ist und erwachsenenpornografisches Material aller Art gefunden hat. Dabei ist er Links auf weitere Seiten gefolgt. Dort gelangt er möglicherweise auch an Seiten mit Vorschaubildern, den „Thumbnails“, welche teilweise kinderpornografisches Material enthalten.

Nach der Hausdurchsuchung ergibt die Auswertung der gefundenen Speichermedien des Betroffenen überwiegend erwachsenen-pornografische Bilder ohne strafrechtliche Relevanz aber eben auch Vorschaubilder zwischen 5-15 KB mit kinderpornografischem Inhalt. Die Betroffenen wissen meistens nicht, dass der Browser automatisch Dateien im Cache ablegt. Der Sachverhalt erfüllt dann rechtlich aber auch nicht zwingend den Tatbestand des § 184b StGB, weil der vorsätzliche Besitz unter keinem möglichen Gesichtspunkt nachgewiesen werden kann. Der Begriff des Besitzes erfordert allgemein Besitzwillen, nämlich eine vom Herrschaftswillen getragene Sachherrschaft (vgl. dazu AG Saarbrücken, Urteil vom 29.07.2009 - 115 Ds 87/09).

Das Risiko eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens besteht trotzdem und bis zu dessen Abschluß ist das Ende offen. Für einen strafrechtlichen Anfangsverdacht einer Straftat nach § 184b StGB (Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Schriften) reicht es nach Auffassung des LG Aachen wegen der kurzen Verbindungszeit allerdings noch nicht aus, wenn der Beschuldigte bei einer Internetverbindung von nur 45 Sekunden 46 Bilddateien in Form von Thumbnails auf seinen Rechner lädt (LG Aachen, Beschluss vom 8.7.2008 - 68 Qs 56/08 (AG Aachen).

 

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