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Die Vermeidung der Verhandlung vor dem Strafgericht ist ein herausragendes Ziel der Strafverteidigung. Gerade im Sexualstrafrecht hatten wir auch in 2023 sehr viele Fälle, in denen Ermittlungsverfahren am Ende mangels Tatverdachts (§ 170 II StPO) eingestellt wurden. Das ist häufiger als eine Verfahrenseinstellung nach Anklageerhebung. Aber auch wenn Anklage bereits erhoben ist, ist noch nicht in Stein gemeißelt, dass es tatsächlich zu einer Gerichtsverhandlung kommen muss.
Wir hatten auch jetzt wieder mehrere Fälle, in denen das gerichtliche Hauptverfahren trotz Anklageerhebung vermieden werden konnte. Das gilt vor allem auch bei Aussage-gegen-Aussage-Situationen im Sexualstrafrecht, auch bei Vorwürfen des Missbrauchs und der Vergewaltigung.
So hat das Landgericht Wuppertal schon im vergangenen Jahr bei einer Aussage-gegen-Aussage-Konstellation in einem Beschluss hervorgehoben, dass Angaben der Zeugin gegenüber betreuenden bzw. therapierenden Personen im Rahmen einer Aussage-gegen Aussage-Situation zwingend zu überprüfen sind. Diese Angaben gegenüber Dritten können - ebenso wie die Angaben in der polizeilichen Anhörung - für sich genommen nicht alleinige Grundlage von Feststellungen sein.
Hervorzuheben ist die sog. „Konstanzprüfung“, also eine Beurteilung sämtlicher Bekundungen der mutmaßlich geschädigten Zeugin, die eine überwiegende Wahrscheinlichkeit der Verurteilung tragen müsste.
Aber das Unternehmen „Vermeidung der Gerichtsverhandlung nach Anklagerhebung“ ist wirklich mit Bedacht anzugehen. Darüber entscheidet am Ende immer das Gericht, bei dem Anklage erhoben wurde, und das ist auch das Gericht, vor dem der Angeklagte steht, wenn das Gericht trotz Gegenwehr das Hauptverfahren eröffnet. Die Beurteilung der Glaubwürdigkeit von Zeugen und der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben ist nach einem hochgehaltenen Prinzip „ureigenste tatrichterliche Aufgabe“ und die hierfür erforderliche Sachkunde darf man dem Gericht nicht als erstes absprechen, es sei denn, dass ganz besondere Umstände vorliegen.
Die Eröffnung des gerichtlichen Hauptverfahrens setzt hinreichenden Tatverdacht voraus. Hinreichender Tatverdacht im Sinne des § 203 StPO, der eine Eröffnung des gerichtlichen Hauptverfahrens erst ermöglicht, ist nur zu bejahen, wenn bei vorläufiger Tatbewertung auf Grundlage des von der Staatsanwaltschaft vorgelegten Ermittlungsergebnisses die Verurteilung in einer Hauptverhandlung wahrscheinlich ist.
Das Schöffengericht beim Amtsgericht Münster ist im November 2023 in einem unserer Fälle zu dem Schluss gekommen, dass das Gericht anhand des Akteninhalts nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen kann, dass es zu sexuellen Handlungen gegen den erkennbaren Willen der Belastungszeugin gekommen ist. Auch hier stand "Aussage gegen Aussage".
In einer Konstellation, in der „Aussage gegen Aussage" steht und außer der Aussage der einzigen Belastungszeugin keine weiteren belastenden Indizien vorliegen, muss sich der Tatrichter bewusst sein, dass die Aussage dieser Zeugin einer besonderen Glaubwürdigkeitsprüfung zu unterziehen ist.
In der Konstellation „Aussage gegen Aussage" muss der Tatrichter jedenfalls regelmäßig außerhalb der Zeugenaussage liegende gewichtige Gründe nennen, die es ihm ermöglichen, der Zeugenaussage dennoch zu glauben, solange keine Anhaltspunkte für eine bewusste Falschaussage der Zeugin vorliegen. Aber auch wenn keine Anhaltspunkte für eine bewusste Falschaussage der Zeugin vorliegen, kann so eine Aussage in entscheidenden Punkten so widersprüchlich und lückenhaft sein, dass darauf eine Verurteilung nicht gestützt werden kann.
Damit ein Hauptverfahren nicht eröffnet werden kann, genügt auch, dass kein hinreichender Tatverdacht besteht, dass etwaige sexuelle Handlungen gegen den erkennbaren Willen der Zeugin erfolgten. Man darf nie außer Acht lassen: Dem Angeschuldigten muss ein entgegenstehender Wille der Zeugin auch wirklich erkennbar gewesen sein.
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Rechtsanwälte Dr. Martin Rademacher & Lars Horst, LL. M. in Düsseldorf