Die Vorschrift des § 174c StGB – „Sexueller Mißbrauch unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses“ – rückt das gesamte Gesundheitswesens in den Fokus des sexuellen Missbrauchs, sie hat aber nicht die ganz große praktische Relevanz, die Fallzahlen sind vergleichsweise niedrig. § 174c StGB stellt unter Strafandrohung mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren
 
... wer ein Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnis im Gesundheitswesen für sexuelle Handlungen an einer anvertrauten Person missbraucht, die ihm wegen einer geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung einschließlich einer Suchtkrankheit oder wegen einer körperlichen Krankheit oder Behinderung anvertraut ist, 

... und wer sexuelle Handlungen an einer Person, die ihm zur psychotherapeutischen Behandlung anvertraut ist, unter Mißbrauch des Behandlungsverhältnisses vornimmt oder an sich von ihr vornehmen läßt.

 

Bereits der Versuch des sexuellen Mißbrauchs unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses ist strafbar.

Fast mehr als die Strafe fürchten Beschuldigte die möglichen berufsrechtlichen Konsequenzen einer Verurteilung (§ 70 StGB bzw. § 5 Abs. 2 S. 2 iVm 3 Abs. 1 Nr. 2 BÄO).

sexueller Missbrauch Therapeut - Patient

Den Straftatbestand des § 174c Abs. 1 StGB kann durch Berater, Betreuer und Therapeuten mit unterschiedlichen beruflichen Qualifikationen nahezu im gesamten Gesundheitswesen verwirklicht werden. In Betracht kommen u.a. Ärzte, Psychiater, Heilpraktiker, Bewegungs- und Sprachtherapeuten und Krankenpfleger, ohne dass diese Aufzählung vollständig wäre.

Kennzeichnend für die Straftat des sexuellen Missbrauchs im Gesundheitswesen ist eine ausgeprägte Asymmetrie zwischen dem Therapeuten und dem Patienten, bei der eine wirklich freie Entscheidung für eine sexuelle Beziehung an der Abhängigkeit des Probanden scheitert.

Aber der Straftatbestand erfährt durch das Merkmal des „Missbrauchs“ erhebliche Einschränkungen, der zu verneinen ist, soweit ein freiverantwortliches Einverständnis des Probanden bzw. Patienten festgestellt werden kann, was eher bei körperlichen als bei geistigen Einschränkungen der Fall sein wird.

Der in § 174c Abs. 1 StGB geschützte Personenkreis umfasst Menschen mit bestimmten intellektuellen, psychischen oder physischen Beeinträchtigungen, die erwiesenermaßen zur angenommenen Tatzeit mit Krankheitswert von klinischem Ausmaß bestanden haben und die die Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung tangieren. § 174c StGB schützt die sexuelle Selbstbestimmung von Menschen, die aufgrund ihrer psychischen oder körperlichen Beeinträchtigung von beratenden, behandelnden oder betreuenden Personen abhängig sind.

Das Opfer muß dem Täter „anvertraut“ sein, entweder von einem sorgeberechtigten Dritten - zB ein Jugendlicher durch die Eltern, ein Volljähriger durch einen Betreuer - oder auch sich selber aufgrund eigener Initiative mit einer gewissen Dauer anvertraut haben, während eine einseitige Übernahme durch den Arzt oder Therapeuten als Grundkonstellation für eine Strafbarkeit nicht ausreicht. Und das Tatbestandsmerkmal „anvertraut“ setzt das aktuelle Bestehen eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsvertrages voraus, es ist nicht mehr gegeben, wenn z.B. die Therapie regulär beendet ist.

Für den Missbrauch muss der Beschuldigte eine durch das Vertrauensverhältnis gebotene Gelegenheit zur Tathandlung wahrnehmen. In Fällen körperlicher Krankheit oder Behinderung kommt ein den Straftatbestand ausschließendes Einverständnis eher in Betracht. Ein den Straftatbestand ausschließendes Einverständnis kommt aber auch bei Suchtkrankheiten in Betracht, nämlich wenn die Patientin ihrem Arzt „auf Augenhöhe - BGHSt 61, 20 -“ begegnet und ihr Handeln insofern nicht durch die Krankheit beeinflusst ist.

Der Straftatbestand des § 174c Abs. 2 StGB betrifft psychotherapeutisch behandelte Personen in ambulanter psychiatrischer oder nervenärztlicher Behandlung und in teilstationären Einrichtungen wie Tageskliniken, Institutsambulanzen, sozial-psychiatrische Dienste sowie Beratungsstellen. Als „Täter“ kommen in erster Linie Personen in Betracht, die zum Führen der Bezeichnung „Psychotherapeut“ berechtigt sind.

Aber in jedem Fall müssen sich eindeutig sexuelle Handlungen nachweisen lassen. Keine sexuelle Handlung liegt vor, wenn der Körperkontakt der lex artis entspricht und eine regelgerechte Aufklärung des Patienten erfolgt ist.

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